Karibik : November 2002 – Mai 2003

Wir verabschieden uns von unseren Freunden, die zurück in die Heimat fliegen, und segeln nach knapp 2 Wochen Kurs südsüdwest einem Höhepunkt unsere Reise entgegen: Tobago.

In der Store Bay am Strand von Pigeon Point leben wir einen Monat ein unbeschwertes Seglerleben, wie es in der Vorstellung vieler Menschen existieren mag. Wir tauchen, schnorcheln, erkunden die Insel und bereiten vor allem jede Art von Fisch auf der „Sleipnir2“zu.

Leider geht unser Beiboot endgültig im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Leim. Die Crew eines benachbarten Bootes weiß Rat. In Trinidad besorgen wir eine Art Bauschaum, womit wir unser Beiboot ausfüllen. Zur Verarbeitung des 2 – Komponentenschaums bleibt kaum eine Minute Zeit und so gelingt die Übung nur halb. Das Dinghi wirkt eher zerknittert, ist aber dauerhaft fest. Nachdem es blau ist, nennen wir es von nun an „Viagra“.

Silvester feiern wir mit Yachties, die wir schon von Gibraltar kennen, und legen einige Tage später schweren Herzens ab.

Martinique – Guadeloupe :

Wir wollen  nach Martinique, in den Hafen von Le Marin, wo wir Besuch aus Wien erwarten. Mit unseren Freunden Beatrix und Harti verbringen wir  knapp drei Wochen, in denen wir segeln, tauchen und schnorcheln und gemeinsam viele entspannte Abende in Gesellschaft anderer Yachties erleben.

Mit den beiden fahren wir in kleinsten Etappen entlang der Küste Martiniques, weiter über Domenica, Les Saints bis Guadeloupe. Von hier treten Beatrix und Harti ihre Heimreise an – ein seltsam anmutender Abschied, der uns eine ungewohnte Nähe zur Heimat spüren lässt.

Die Anreise von Evis Vater und seiner Frau Henriette steht an. Die beiden wohnen aber nicht am Schiff, sondern im Hotel. Wir verbringen gut zwei Wochen zusammen auf Guadeloupe und erkunden mit ihnen die Insel. „Sleipnir2“ bleibt in der Marina von Pointe-à-Pitre, und es werden kleine Ausbesserungsarbeiten durchgeführt.

Kaum ist der technisch versierte Harti von Bord, rücken paradoxerweise unsere beiden Außenborder durch verschiedenste Defekte unliebsam in den Mittelpunkt des Interesses.

Grenadinen – St. Lucia :

Wir segeln den Antillenbogen nach Süden in die Grenadinen.

Die nächsten Wochen sind einerseits von nicht endend wollenden Problemen mit den beiden Honda – Motoren überschattet, andererseits sind sie von intensiven Kontakten mit faszinierenden und  vielschichtigen Menschen aus der Yachtszene geprägt. Unser Seglerleben zeichnet sich in dieser Zeit wahrhaftig durch Gegensätze aus.

Während wir die Tobago Cays wegen der unzuverlässigen Motoren nicht anlaufen können, warten wir in der traumhaften Kulisse der Salt Whistle Bay mehrere Tage auf einen Mechaniker, bis Wolfgang den Außenborder selbst repariert und ihn somit vollends außer Betrieb setzt.

In St. Lucia, am Ankerplatz vor den als Wahrzeichen geltenden Pitons (spitze Berge), reißt in den frühen Morgenstunden das Kunststofftau unserer Boje. Glück im Unglück: „Sleipnir2“ treibt mit seiner schlafenden Crew in das Karibische Meer und nicht auf die Felsen der Bucht.

Martinique – Guadeloupe – Antigua – Barbuda :

Ein andermal haben wir zwischen St. Lucia und Martinique eine Begegnung mit einem Buckelwal aus nächster Nähe und kaum zwei Stunden später treffen wir bei der Einfahrt in die Bucht von St. Anne die Schweizer Yacht „Dione“.

Mit Daniela und Rene waren wir zuletzt am Ankerplatz von Lanzerote zusammen. Tage wie diese entschädigen für vieles und sind mitverantwortlich für die Sucht nach dem Nomadenleben auf dem Wasser.

Der Schlag von Guadeloupe nach Antigua kann auch durch den, Guadeloupe in zwei Inseln trennenden Kanal, gestartet werden. Die enge, rechtwinkelige Einfahrt unter der Autobrücke bei entsprechender Strömung stellt unserer Ansicht nach höhere Anforderungen an den Rudergänger als in den entsprechenden Revierführern beschrieben – zumindest ist es für uns ein nervenaufreibender Drahtseilakt „Sleipnir2“ unbeschadet durch die Engstelle zu manövrieren. Es sollte zumindest die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass auch Katamarane den Weg durch dieses Nadelöhr wählen könnten.

Ungefähr zwei Wochen verbringen wir in Englisch Harbour und Falmouth Harbour im Süden Antiguas. Unser Aufenthalt auf der Insel fällt mit der Antigua Classic Sailing Week zusammen. Wir passen eigentlich  gar nicht in die Reede der superteuren Megayachten. Das Spektakel der auf Hochglanz polierten Einzelstücke ist ein Erlebnis der besonderen Art. Einige führen auf Grund einer Masthöhe von mehr als 50 Meter rote Topplichter!

Außerdem liegt der superschnelle Katamaran „Playstation“ (heute „Cheyenne“) in Falmouth Harbour vor Anker, der noch immer den Transatlantikrekord für Segelschiffe hält.

Nachdem wir uns in Jolly Harbour, an der Westküste von Antigua für unsere Atlantikrücküberquerung vorbereitet und versorgt haben (Riggcheck, Austausch der Vorstage, zusätzliche Verstagung nach achtern, umfangreiches Service der Motoren, Einbau einer Kurzwellenfunkanlage, Konstruktion eines Parachuteankers, etc…), setzten wir über zur Nachbarinsel Barbuda. Nach anspruchsvoller Passage der Riffs ankern wir im 2 Meter tiefen, kristallklaren Wasser. Weit und breit sind wir das einzige Boot, genießen diesen letzten Höhepunkt unseres Karibikaufenthaltes und bedauern die Insel nicht früher angelaufen zu haben.

Die letzten Arbeiten für die Etappe auf die Azoren werden abgeschlossen. Wir haben großen Respekt vor diesem Abschnitt unserer Reise und bemühen uns um eine möglichst umfassende Vorbereitung.

Atlantikrücküberquerung (Barbuda zu den Azoren) : Mai 2003

Sehr bald stellt sich eine angenehme, tägliche Bordroutine ein und wir genießen die Abgeschiedenheit und Weite des Ozeans, erfassen ein bisschen seine gewaltige Ausdehnung und kommen uns winzig vor.

Besonders während der Wachen, die jetzt jeder von uns zweimal 3 Stunden pro Nacht gehen muss, sind wir mit unseren Gedanken alleine.

Über Kurzwelle sind wir bei „South Bound 2“ eingecheckt, bei dem in Seglerkreisen bestens bekannten Herb Hilgenberg, der von Kanada aus seine Funkstation betreibt. Seine Wetterprognosen treffen meist mit erstaunlicher Präzision zu und wir fühlen uns als Unerfahrene auf dieser Route von Herb gut „begleitet.“

Darüber hinaus stehen wir mit drei norwegischen Yachten zweimal täglich in Funkkontakt, deren jeweilige Positionen genauso wie die eigene, beim Plotten (zeichnerische Darstellung der Position und des Kurses auf einer Leerkarte) eingetragen werden.

Die Positionsbestimmung durch Astronavigation erreicht durch tägliches Praktizieren langsam brauchbare Genauigkeit, das GPS gibt uns trotzdem die entscheidende Sicherheit. Wir haben großen Respekt vor jenen Seglern, die vor der Zeit der Satellitennavigation weite Fahrten unternommen haben.

Im letzten Abschnitt der Überfahrt verlassen wir allmählich die Rossbreiten. Der Wind bläst hauptsächlich aus dem dritten Quadranten (Südwest) und gewinnt an Stärke. Dazu kommen Regen und deutlich tiefere Temperaturen, wodurch wir ein wenig ungeduldig werden und unseren Landfall immer mehr herbeisehnen.

Azoren bis Gibraltar : Mai – Juni 2003

Für die Textilien der maritimen Modelinie des allseits bekannten „Café Sport“ scheint jede noch so strapazierte Bordkassa noch Reserven zu besitzen. Auch unsere.

Dem Brauchtum der Segler folgend verewigen auch wir uns mit einem Bild an der berühmten Hafenmauer. Als Kunstwerk ist es auch bei größter Toleranz nicht zu bewerten, dafür ist es in kräftigem Rot – Weiß – Rot gehalten.

Anfang Juni trennen wir uns von lieb gewonnenen Freunden und brechen Richtung Festland Europa auf. Auf dieser 9-tägigen Fahrt kommen wir nur schwer in den Rhythmus des Bordalltages und ein Sturm, dem wir nicht ausweichen können, zehrt schnell an unseren Kräften. Die Übermüdung beeinträchtigt die Sicherheit an Bord, und Evi entscheidet Lagos anzulaufen und nicht – wie geplant – nach Gibraltar durchzusegeln.

Unvergessen bleibt der Geruch von Nadelholzwäldern bei der Anfahrt zum Capo de Sao Vicente.

In der modernen Marina von Lagos wird „Sleipnir2“ gründlich gelüftet und zwei Tage später laufen wir mit angekündigten 15 – 20 Knoten Westwind wieder aus. Ein Segeltörn wie aus dem Bilderbuch bringt uns schnell nach Gibraltar, wobei wir diesmal – eher zufällig – die Strömung sehr günstig erwischen.

Gibraltar bis Catania : Juni – Juli 2003

Außerdem machen wir Bekanntschaft mit der Crew des Alukats „Vite  Vite“. Eigentlich haben wir schon seit vielen Wochen in diversen Funkrunden miteinander geplaudert. Immer wieder trifft man bei der Ankunft an einem neuen Ort vertraute Menschen, die man durch Funkkontakte bereits mehr oder weniger kennen gelernt hat und durch die man auch schnell in die diversen örtlichen Gegebenheiten eingewiesen wird.

Gemeinsam treten wir eine ruhige Fahrt nach Ibiza an. Pilotwale begleiten eine Zeit lang unser Schiff, am Capo Gata bedeckt Südwind unseren Kat mit rotem Saharasand. Am Ankerplatz von Talamanca                im Süden Ibizas schließen wir Freundschaft mit den österreichischen Weltumseglern Susi und Georg Haselböck. Unser Zeitplan lässt einen längeren Aufenthalt leider nicht zu.

Bei ausgesprochen günstigen Windverhältnissen segeln wir in einem Schlag zur Nordwestküste Siziliens. Entlang der Küste schläft der Wind leider ein und der Einsatz der Motoren verläuft wieder einmal nicht ohne Probleme.