Status

Der Pfingstaufenthalt am Schiff war durch Sturm, Gewitter und Regen – richtigen Regen, etwas beeinträchtigt. Wir haben das Schiff vollgebunkert wie geplant, aber einige kleinere Arbeiten mussten wir nach Wien nehmen… In Wien zurück wird der Terminkalender immer voller. Handy, Telefon und Internet abmelden, letzte Bankwege, Besorgung verschiedenster Kleinteile und vor allem das Räumen der Wohnung – obwohl es noch keinen Mieter gibt. Diverse Amts- und Arztwege runden das Tagesprogramm ab. Der angenehmste Teil der Vorbereitungen, obwohl kaum weniger anstrengend, sind die Verabschiedungen von unseren Freunden. Das Ernährungs- und Alkoholsoll ist längst über den Haufen geworfen. Nicht zu vergessen, dass unsere eigentliche Arbeit, die Schule, unter all dem nicht leiden soll?!

Bye bye

Handys, Festnetz und Internetzugang sind gekündigt – manche Bestätigung lässt auf sich warten – der Verkauf der Autos ist abgeschlossen und innerhalb eines Wochenendes wird, mit tatkräftiger Unterstützung von Freunden, der größte Teil der Wohnung ausgeräumt und – einer Ameisenstraße gleich – in das nahegelegene Elternhaus von Wolfgang verfrachtet.

Mit den Banken und Versicherungen sind alle Formalitäten geklärt – ob`s funktionieren wird? Wir werden in dem einen oder anderen Weblog darüber berichten.

Die wichtigsten Instruktionen für E-Mails über Kurzwelle holen wir uns von Herbert in Ebreichsdorf, kommen am Weg dorthin in ein mächtiges Gewitter mit Sturm und Hagel und sind froh, nicht an Bord zu sein.

Die letzten Kleinteile, Seehandbücher und Werkzeuge werden besorgt, Ordner und Listen angelegt: Listen über Listen, die länger und länger werden.

Jede Woche gibt es längere und kürzere Treffen mit Freunden, von denen wir uns verabschieden – manchmal ist das gar nicht so leicht…Ob wir uns schon freuen, ob wir „Stundenfresser“ anlegen, werden wir gefragt. Keineswegs. Die Anspannung steigt langsam an, aber der dichte Terminplan, die vielen Aufgaben, die noch zu erledigen sind, lassen keine Zeit zum Nachdenken. Die unmittelbare Zeit vor dem Ausstieg ist völlig unromantisch – nur Arbeit – aber Jammern gilt in unserer Situation natürlich nicht.

Zuletzt fallen auch noch Evis Haare der Frisörschere zum Opfer, um die Haarpflege an Bord einfacher zu gestalten.

Wir freuen uns, wenn Harti am 29. Juni vor der Tür steht und uns abholt!

Danke

Je näher der Tag der Abreise heranrückt, umso intensiver und umfangreicher gestalten sich die Vorbereitungsarbeiten. Ohne die tatkräftige Unterstützung einiger Freunde, läge das Datum unserer Abreise in weiter Ferne…

Ohne Erhard „Harti“ würde sich Sleipnir bei Weitem nicht in so gutem Zustand präsentieren. Viele Arbeitsstunden in Italien und in Wien haben  die Elektrik unseres Kats, teilweise in bewährter Zusammenarbeit mit Freund Fritz, entscheidend aufgewertet. Harti hat immer Zeit um mit Rat und Tat zur Seite zu stehen – wird leider oft in Anspruch genommen.

Harti hält, vermutlich noch einige Zeit, den Streckenrekord Latisana – Wien.

Oft bekommen wir sehr positive Rückmeldungen über unsere offensichtlich gelungene Homepage. Gestaltet wurde sie von unserem Kollegen Gottfried, und selbst die Initiative dazu geht auf ihn zurück. Von Brasilien aus wird er weiter die Aktualisierungen der Seite vornehmen. Obwohl wir wirklich nicht viel zu unserer Website beigetragen haben, sind wir sehr stolz darauf.

Mane und Gerald verdanken wir großzügige Unterstützung in den verschiedensten Bereichen. Der Lieferwagen, den wir zuletzt zur Verfügung gestellt bekamen, ließ hinsichtlich Bunkern keine Wünsche offen.

Schädlinge auf Schiffen sind – dank der Firma „Marianne Jäger“ – auf Sleipnir ohnehin kein Thema – siehe Links.

Die Medikamentenausstattung von Sleipnir könnte manche Apotheke neidisch machen. Dafür „verantwortlich“ ist der teilweise aufwendige Einsatz unserer Hausärztin und unserer Freunde Elfi, Eva, Krista und vor allem Ramon.

Bei unseren südsteirischen und „alten“ Freunden Sonja und Ramon haben wir auf den

 zahlreichen Fahrten von und zum Schiff oft einen Zwischenstopp eingelegt Es wurde „angejausnet“ und entspannt. Ein halber Kubikmeter Medikamente ist das Ergebnis von Ramons Sammelleidenschaft.

Ärztliche und pharmazeutische Unterstützung verdanken wir unserem Freund  Kurt. Eine Einweisung  in die Kunst des Vernähens von Wunden führte – am Anschauungsobjekt einer Zucchini – zu gröbster Gemüseschändung, und unser Respekt vor der Handfertigkeit der Ärzte ist gestiegen.

Lange Abende mit den Weltumseglern Anna, Ingrid und Robert haben zu einer tiefen Freundschaft und schließlich zur Ausdehnung unserer Segelpläne geführt. Die in Seglerkreisen auch als „Idemos“ bekannten Freunde, sind heillos vom Segelvirus infiziert und haben uns zahlreiche Tipps für unsere Fahrt gegeben.

Auch Weltumsegler Matthias hat es nicht an Ratschlägen fehlen lassen. “Funkguru“ Herbert hat immer Zeit, wenn wir noch Einweisungen in die nutzbaren Möglichkeiten von Pactor und Kurzwelle brauchen.

Unser Freund und Kollege Werner ist an der Fertigung etlicher Kleinteile für Sleipnir maßgeblich beteiligt. Zuletzt hatte er „zur falschen Zeit“ frei und hat beim Auszug aus der Wohnung tatkräftig mitgeholfen. Den gleichen „Fehler“ machten auch die segelbegeisterten Freunde Birgit und Stefan und der ausgesprochen umzugserfahrene Freund Michi.

Zwei Jahre hat sich Gerlinde auf der Uni Zahnklinik Wolfgangs Kiefer angenommen, bis sie soweit zufrieden war, dass sie ihn auf Reisen schicken konnte. 

Segelfreund und Kollege Martin hat seine vielseitig handwerklichen Fähigkeiten auch für Sleipnir eingesetzt und uns zum Abschied zwei bunte Segelsäcke genäht. Die Farbe Rot ist für Fotos wichtig – das wissen wir von den Seenomaden.

Abschließend wollen wir uns noch bei all jenen bedanken, die wir hier in unserer Hektik nicht namentlich erwähnt haben, die aber auch Ihren Beitrag zum Gelingen unseres Unternehmens geleistet haben.

Bei soviel Unterstützung bleibt uns zuletzt nur noch das zu tun, was angeblich das Schwierigste an so einem Unternehmen ist: das Ablegen.

Adria

Wolfgangs Mutter Gudrun kommt mit Freundin Hildegard nach Italien, um unsere Lebensumstände für die nächsten drei Jahre kennenzulernen und ihre „Kinder“ zu verabschieden.

Christina besucht uns mit Freundin Claudia und Kollegin Ulli kommt gleich mit Großfamilie von Lignano zum Verabschieden.

Harti bleibt bis zur Wasserung unseres Kats, danach borgt uns Schiffsnachbar Kurt sein Auto für diverse Besorgungen.

Am Samstag, den 7.7.2007 heiratet offensichtlich halb Österreich und wir legen vormittags ab – das Bild der am Pier nachwinkenden Mutter prägt sich tief ein…

Es bleibt uns keine Zeit zum gemütlichen Eingewöhnen. 20 Knoten SSW hart am Wind – Vorsegelwechsel, Reffen – Novigrad als Ziel können wir nicht anlegen, kreuzen wollen wir (noch) nicht, also finden wir Unterschlupf hinter dem bekannten Leuchtturm von Savudrija.

Von dort geht die Fahrt – durch Gegenwind bedingt – in kleinen Etappen nach Novigrad, Rovinj bis zur Südspitze Istriens.

In Medulin streikt einer der Motoren. Die Künste des ersten Mechanikers gehen über Wolfgangs Kenntnisse kaum hinaus, dafür stellt er eine Prognose von 10 bis 15 Tagen Wartezeit auf den vermutlich schadhaften Teil. Gegen die Stimmung Mittwoch abends hilft weder Bier noch Wein…

Donnerstag morgens läuft das Handy heiß und am Nachmittag kommt ein Mann von Yamaha Moto Service Pula, der sein Handwerk versteht. Er arbeitet schnell, schließlich hat er noch eine Vorladung bei der Polizei…

Einen Tag später laufen wir mit neuer Impulsspule aus und brauchen glücklicherweise kaum noch die Motoren. Die meiste Zeit unter Spinnaker geht es von Unije, über Molat, Murter und Primosten nach Hvar, wo wir 5 Tage später unsere Freunde Werner, Irene und Gideon mit ihrer „Cherina“ (Dehler 31) treffen.

Werner hat ein klares Konzept bei der Wahl seiner Liegeplätze: sie liegen in unmittelbarer Nähe der besten kroatischen Lokale.

Nach einem kurzen Stopp auf Korcula treffen wir zwei Tage darauf an der Südküste Lastovos mit Christian „Mondi“ und Freundin Sylvia zusammen. Die Anfahrt von Trogir ist für ihr 450 PS Motorboot (Bavaria 28) eine Angelegenheit weniger Stunden. Tags darauf umrunden wir mit ihnen die Insel mit 25 Knoten Speed – abgesehen von ein paar Badestopps.

Für den 22. Juli kündigt Intermar, Navtex und ein weitere Wetterbericht W bzw. NW Winde an. Unser kroatisches Permit läuft an diesem Tag aus, und damit auch wir mit Ziel Brindisi – bei leichtem OSO Wind…

Der leichte OSO Wind hält bis zur Dämmerung, dann wird er stärker und dreht auf SO. Unmittelbar vor Beginn der Nachtwache wechseln wir Vorsegel und reffen das Groß. Vor Mitternacht lässt der Wind kurz nach, dreht innerhalb einer halben Seemeile auf SW und legt kräftig zu. Die Windfahne wird eingestellt und erstmals auf dieser Fahrt können wir Brindisi direkt anlegen – mit 7 Knoten über Grund.

In den Morgenstunden kommt wieder der Spinnaker zum Einsatz und am Nachmittag motoren wir nach 145 sm in Brindisi ein.

Yachten sind am Anleger beim Denkmal nicht mehr erwünscht. Wir liegen, ein bisschen bewegter, an der „Hafenmeile“ Seno di Levante und teilen diesen Platz bei 43 Grad mit netten Österreichern. Sepp, Petra und ihr Sohn Thomas freuen sich darauf mit ihrer Yacht „Thomanu“ in den griechischen Inseln neue Ankerplätze zu erkunden.

Wir hingegen bleiben noch ein paar Tage in der Zivilisation und haben endlich wieder die Gelegenheit Wäsche zu waschen, ins Internetcafé zu gehen und Einkäufe zu erledigen.

Brindisi bis San Vito

Mit kräftigem Nordwind legen wir am 26. Juli Kurs Otranto ab. Am Nachmittag hebt die Gischt am Wellenkamm ab und der nach Norden offene Hafen erscheint uns zu bewegt. Mit 7 bis 8 Knoten segeln wir nur unter Arbeitsfock weiter, am Leuchtturm von Otranto – dem östlichsten Punkt unserer Reise – vorbei und liegen noch vor der Dämmerung in St. Maria di Leuca vor Anker.

Hier nutzen wir zum ersten Mal unsere E-Mail – Einrichtung an Bord mittels Kurzwelle und Pactor. Wir verschicken und bekommen die ersten Mails, holen uns Windkarten (Grib Files) und geben dann auch unsere Position Reports durch. Vor allem Evi ist von den neuen Kommunikationsmöglichkeiten am Schiff angetan. Ihr Eifer am PC wird nur durch die Anzeigen am Batteriemonitor gebremst.

Wir nutzen nördliche Winde für den Schlag über den Golf von Tarent. Am späteren Nachmittag schläft der Wind ein, und wir müssen die letzten 20 Meilen motoren. Eine nähere Betrachtung der Gasplattformen 3 sm vor der Küste, stößt auf wenig Verständnis bei der dortigen Belegschaft.
Wir gehen – wie vor 5 Jahren – im neuen Hafen von Crotone längs und sind das einzige Schiff am mehrere hundert Meter langen Pier – trostlose Romantik gratis.

Die nächste Station ist der sehr enge Yachthafen von Le Castella, wo wir aus Platzgründen an einem anderen Boot festmachen müssen. Der Hafen ist Schauplatz eines Popkonzertes und wird gesperrt, nur die im Hafen „liegenden Yachties“ haben quasi Freikarten. Der Versuch, die Szene näher zu betrachten und einen der Wachgorillas zu provozieren, gelingt nur allzu gut. Wir werden wenig humorvoll zu unserem Schiff eskortiert – ein Schattenspender dieser Art wäre schon öfter von Nutzen gewesen…

Zwei Tage später können wir unter Spinnaker bis Roccella Ionica durchsegeln. Die Marina ist noch immer gratis und bunter Treffpunkt von Blauwasserseglern, die hier auf ihrem Weg nach Griechenland oder Gibraltar ein paar Tage Station machen.

Für die Weiterfahrt gibt es westlich von Roccella über eine längere Strecke keine Anlegemöglichkeiten an der italienischen Südküste, also steht unsere zweite Nachtfahrt an. Wir erreichen bei Dämmerung die Straße von Messina und haben großes Glück mit den Strömungsverhältnissen. Den besten Durchfahrtszeitpunkt mit Bezugsort Gibraltar haben wir uns nicht ausgerechnet, trotzdem schieben uns 1,5 Knoten Strom durch die Wasserstraße. Obwohl es bereits unsere fünfte Durchfahrt ist, sind der Verkehr und
die Strömung immer wieder beeindruckend.

Das Tyrrhenische Meer empfängt uns um 01.00 morgens mit Westwind – wir müssen kreuzen.
Gegen 05.00 zieht eine Front durch und mit ihr zwei kurz aufeinander folgende Wasserhosen, die genau auf uns zukommen. Wir laufen Richtung Messina ab. Wasserhosen haben bekanntlich – Gott sei dank – nur eine kurze Lebenszeit. Um 08.00 klart der Himmel auf, der Wind dreht auf Nord, und wir können direkt auf Milazzo anlegen.

Eine Stunde später werden wir fast von einem Frachter gerammt. Zu spät ändern wir den Kurs, fallen ab, aber der Schnittpunkt der Kurslinien liegt ungefähr bei „Sleipnirs“ Mastfuß. Ein kurzer Motoreinsatz rettet uns. Eine rote, hohe Schiffswand schiebt sich knapp an uns vorbei, und wir sind um eine Erfahrung reicher.

Mittags erreichen wir übermüdet Milazzo, ankern schließlich außerhalb der Hafeneinfahrt und machen keine weiteren Tagespläne.

Schon die längste Zeit plagt uns ein Problem: unsere Solarmodule laden nicht in die Batterien. Hier können wir unter Mithilfe von Freunden via Handy die Ursache bald feststellen: der Laderegler ist defekt. Es wird uns aber auch schnell klar, dass wir den Teil in Italien in den „ferragosto“ nicht bekommen werden.

Schneller als erhofft können wir am übernächsten Tag mit schwachem Nordnordostwind wieder auslaufen. Das Ablegen wird durch den „Charme“ der Stadt nicht weiter erschwert.
Die 63 sm nach Cefalu legen wir in 11 Stunden zurück und am Abend bewundern wir bereits die bekannte Kathedrale der Stadt.

Die nördlich von Palermo gelegene Badebucht Mondello wird dann die, durch Westwinde bedingte, längst erwartete 4-tägige Zwangspause. Mit teilweise über 30 Knoten bläst es aus der Bucht, der Schwell vom Meer kommt ca. 90 Grad versetzt. Die daraus resultierenden Schiffsbewegungen erschweren das Leben an Bord, inklusive den Anschlag an den Tasten des PCs. Schuld daran ist eine Schlechtwetterlage, die langsam von Nordwest nach Südost zieht und vom Ligurischen Meer bis in die Adria für Stürme und Gewitter
sorgt.

Am zweiten Abend verläuft die Ankerkette zwischen den Rümpfen nach Achtern gespannt, das Heck steht im Wind und ein hoher Schwell kommt genau dwars (90 Grad zur Schiffslängsachse). Auch erfahrenen Seglern würde das leicht ein: „Das hab ich auch noch nicht erlebt“ entlocken.

Nach der vierten Nacht hat sich das Meer überraschend schnell beruhigt, und wir versuchen unser Glück und legen San Vito, an der NW – Spitze Siziliens an. Mit fünf Segelwechsel – dazwischen dreimal motoren – haben wir uns die 28 sm hart erkämpft.

Aber San Vito lohnt sich immer: ein pulsierender Ferienort mit etwas tropischem Flair. Allerdings scheinen wir die einzigen Nichtitaliener zu sein. Abends sitzen wir mit den Füssen im Sand unter Palmen mit den ersten Caipirinhas der Reise.

Hier würden wir gerne noch ein bisschen bleiben, aber für die nächsten Tage sind östliche Winde vorhergesagt, und die dürfen wir für den Schlag nach Sardinien nicht auslassen.

Das Szenario an der Tankstelle vor dem Auslaufen überfordert ein wenig unsere mitteleuropäische Mentalität. Während der Tankwart überfällig ist, wird der Anlegesteg von Fischern okkupiert, die sich in südländischer Gelassenheit von den annähernden Booten nicht aus der Ruhe bringen lassen – und wer will schon eine Angelschnur im Propeller…? Eine dreiviertel Stunde später entschuldigt sich der Tankwart – sogar auf englisch – mit dem Hinweis: war spät gestern, man solle nur in seine Augen schaun…