Mindelo nach Tobago WI

Kurz nachdem wir unseren Badestopp beendet haben und endgültig auf Westkurs gehen, taucht unmittelbar neben uns eine typische schwarze, dreieckige Rückenflosse auf. Der dazugehörige Hai muss von respektabler Größe sein…

Zunächst fahren wir bei völlig unerwarteten leichten West- und Nordwestwinden unter Motor und Stützsegel. Die vor uns ausgelaufene Yacht mit vier jungen Norwegern stoppt ab, nachdem der Wind weiter nachgelassen hat. Wir gehen in der langen Dünung des Atlantiks längs und halten eine gemeinsame Kaffeepause, tauschen Gästebücher aus und pflegen norwegisch – österreichische Freundschaft: ein Treffen der besonderen Art! Kurz vor Dämmerung machen wir die Leinen los, und beide Boote motoren in ihre erste Nacht.

Erst am dritten Tag stellt sich leichter aber gleichmäßiger Passatwind ein. Zu diesem Zeitpunkt ist Wolfgangs Beweglichkeit durch zunehmende Rückenschmerzen wesentlich eingeschränkt. Die Behandlung mit Schmerzmitteln führt zu Magenkrämpfen und in weiterer Folge zum Totalausfall. Zu allem Überfluss werden auch Eva und Roland krank. Eine kritische Situation, aber an eine Umkehr ist nicht mehr zu denken. Für einige Tage lasten nahezu alle Arbeiten am Schiff auf Evis Schultern. Sie kocht, versorgt die Kranken mit Medikamenten und versucht – als schwierigste Aufgabe – die Stimmung an Bord zu beleben.

Gegen Ende der ersten Woche beginnt sich auf „Sleipnir2“ langsam wieder Normalbetrieb einzustellen. Im Mittelteil der Überfahrt können wir trotz leichter Passatwinde immerhin 996 sm innerhalb einer Woche loggen. Vom Maritime Mobile Service Intermar bekommen wir über Amateurfunk täglich ein ausführliches Weather Routing. Je weiter wir nach Westen kommen, umso schlechter wird die Verbindung – glücklicherweise helfen andere Schiffe als Relaystationen aus. Täglich geben wir per E-Mail eine Positionsmeldung ab und bekommen überraschend viele Rückmeldungen von anderen – uns teilweise unbekannten – Yachten bzw. von Freunden, die unsere Route zu Hause verfolgen.

Mit der Schleppangel sind wir bei dieser Überfahrt regelmäßig erfolgreich, fangen jene Fische, die auf der Wunschliste eines Menüplans ganz oben stehen: Dorade, Yellowfin Tuna, Wahoo,… Bei den endlosen Diskussionen von Yachties über die besten Köder ist unser Standpunkt ganz klar: der grüne Oktopus ist der Köder der Saison. Regelmäßiges Brot- und Kuchenbacken runden die unterschiedlichsten Fischmenüs ab.

Nachlassender Wind und großräumige Passatstörungen fordern die seglerische Phantasie von Roland und Wolfgang. Einer der mitgeführten Surfmasten wird endlich für das Ausbaumen der Arbeitsfock vorbereitet. Außerdem wird das Sonnensegel – ähnlich einem Rahsegel – zusätzlich zum Spinnaker gesetzt. Der seglerische Nutzen reicht für längeren Gesprächsstoff: größere Schattenfläche, aber verminderte Sicht voraus heben sich als Vor- und Nachteil in der Wertigkeit auf. Unerklärbare Wetterphänomene mit drehenden Winden während der Nacht setzen unserem Spinnaker weiter zu. Die Risse, durch die man durchsteigen könnte, werden schwer zu beheben sein. Die nächste größere Neuanschaffung auf „Sleipnir2“ zeichnet sich klar ab…

Die zweite Hälfte der Überfahrt ist durch besonders harmonisches Zusammenleben an Bord geprägt. Das nachmittägliche Kartenspiel im offenen Cockpit wird zu einem fixen Bestandteil des Bordalltags, ist aber ein klarer Hinweis auf die Windsituation am Ende der Reise. Die Freude ist groß, als bei Evas Wache Tobago am 17. Tag in Sicht kommt. Wir motoren die Insel entlang, fangen noch einen Tunfisch und gehen nach 2145 sm in der Store Bay, im Süden von Tobago, vor Anker.

Wolfgangs hohe Begabung und Veranlagung für das “Liming“ ermöglicht es ihm, mit dem ersten Schritt an Land die Lebensform der Insel aufzunehmen. Es gelingt innerhalb kürzester Zeit die anderen Crewmitglieder „mitzureißen“…