Panamakanal zu den Galapagos Inseln

Auf dem Weg zu den Flats, wo der Adviser ab 18.00 Uhr aufgenommen werden soll, überquert uns eine Regenfront, und der erste Gang des kulinarischen Programms von Evi für diese zwei Tage wird im Ölzeug eingenommen – während der Lotse auf sich warten lässt… Erst gegen 22.00 gehen wir mit dem englischen Einrumpfer „Trenelly“ im Päckchen in die erste Gatun-Schleuse – gemeinsam mit zwei anderen Yachten und einem kleinen Containerschiff.
Sobald sich die Kammern füllen, entstehen beeindruckende Strudel – der Vergleich eines Whirlpools mit Moorwasser drängt sich auf, wenn die Schiffe insgesamt 26 Meter auf das Niveau des Gatun-Sees angehoben werden.
Einer der vor uns liegenden Yachten reißt tatsächlich eine Panamaleine. Die Schleusung wird sofort abgebrochen, und so eine prekäre Situation vermieden.
Erst um 00.30 liegen wir an einer der Moorings im Gatun-See. Die Krokodile, die jedes Bad zum Abenteuer machen, sind offensichtlich an unserer Crew uninteressiert.

Der Gatun-See entstand durch das Aufstauen des Rio Chagres. Durch die durchschnittlich 18% weniger Auftrieb des Süßwassers pflügt unser überladenes Boot am nächsten Tag durch den See Richtung Pazifik.
In der Pedro Miguel- und den zwei Miraflores-Schleusen werden wir wieder auf das jeweilige Tidenniveau des Pazifiks abgesenkt. Über eine, an der ersten Miraflores-Kammer installierte, Webkamera können Wolfgangs Mutter Gudrun, Evis Onkel Hans und unsere segelinteressierten Freunde Sonja und Ramon die Schleusung mitverfolgen. Wir freuen uns sehr und sind uns nicht zu blöd mit rotem Ölzeug in die Kamera zu winken.

Um 14.00 Ortszeit schwimmt „Sleipnir2“ erstmals im Pazifik. Vor uns liegt der mit Abstand gewaltigste Ozean. Er bedeckt ungefähr ein Drittel der Erdoberfläche und ist damit flächenmäßig größer als alle Landmassen der Erde. Mehr Inseln als in allen anderen Meeren zusammen könnte man hier besuchen, und die Distanzen werden eine völlig andere Dimension bekommen. Zunächst aber queren wir die “Bridge of the Americas“, verabschieden uns beim Balboa Yacht Club vom Adviser und unseren großartigen Linehandlern und gehen in Playita – Flamenco vor Anker. Bei fünf Metern Gezeitenunterschied – wir haben Springtide – sollte hier den Ankermanövern ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden als auf der Karibikseite.

Diverse Besorgungen, eine defekte Wasserpumpe und ein irreparabler Inverter gestalten zwei Tage ausgesprochen kurzweilig…Wir treffen zufällig die Österreicher Sylvia und Heinz Hochreiner, die mit ihrer Yacht „Galathe“ in unserer unmittelbaren Nähe ankern. Oft haben wir durch Freunde von den beiden erfahrenen Seglern gehört – wir verbringen einen launigen Abend mit ihnen, haben das Gefühl neue Freunde kennen gelernt zu haben, brechen aber trotzdem am nächsten Tag zu den Las Perlas Inseln auf. Auf der Strecke zur Isla Contadora, wo wir die deutsche Amateurfunklegende Günter Hamacher besuchen wollen, weichen wir einer Schule Buckelwale aus und fangen wenig später wieder einen Thunfisch (5kg).
Günter – ursprünglich aus Köln – teilt uns die Nummer 909 in seinem Pacific Island Net zu und verwendet Stunden um Evi bei der Installierung der Ham-Stationen auf dem neuen Laptop (Vista Home Premium) zu helfen („Lass mal kieken, Schätzchen.“). Reich an Informationen und Tipps für unsere Kurzwellenanlage verlassen wir erst am Abend sein Traumhaus mit Blick über das Meer und die umliegenden Las Perlas und fahren weiter zur südwestlichsten Insel des Archipels, nach San José. Die Südostbucht Playa Grande misst 1,5 sm im Durchmesser, und wir sind das einzige Schiff, nur von Pelikanen umgeben, die im offensichtlich fischreichen Gewässer erfolgreich auf Jagd gehen – der Gegensatz zur Chaosstadt Colón ist eine Wohltat.

Am nächsten Morgen brechen wir zu den Galapagosinseln auf; einen Tag später werden uns die deutschen Yachten „Galateia“ und „Albatros 2“ (mit Eva und Horst) folgen. Für die schwierigen ca. 900 sm können wir zwar im Golf von Panama mit nördlichen Winden und Strömungen rechnen, später werden wir aber in die intertropische Konvergenzzone – ITCZ – gelangen – eine Tiefdruckrinne, die sich zu beiden Seiten des Äquators erstreckt.

Der aus der Verankerung gerissene Warmwasserboiler bringt Leben in den ersten Vormittag. Nur mit Mühe gelingt es uns, das schwere Gerät mit größeren Schrauben notdürftig zu fixieren. Durch Platzmangel, Seegang und triefenden Schweiß stellt diese Arbeit die Harmonie der „Sleipnir2“ – Crew auf eine harte Probe…
Für die Nacht fahren wir in Erwartung nachlassender Nordostwinde den Spinnaker, aber 20 – 25 Knoten Wind lassen keinen Zweifel an der Fehleinschätzung der Wetterlage offen. Trotz Müdigkeit „fliegen“ wir mit weit geöffneten Augen, unter 9 – 14 Knoten Fahrt über Grund, Kurs Südwest.

Am zweiten Tag kollidieren wir mit einem Baumstamm. Die Schläge gegen die Rümpfe und der Stoß gegen das – nach oben wegklappende – Pendelruder der Windfahnensteuerung bleiben scheinbar ohne Folgen. Die nächsten vier Stunden fahren wir durch treibende – teilweise riesige -Baumstämme, gehen abwechselnd Wache und sind uns der unbeeinflussbaren Gefahren der Seefahrt plötzlich wieder sehr bewusst. Am Abend geben wir über Relay einen Sécurité – Funkspruch an Günter für die hinter uns befindlichen Yachten ab.

Tags darauf bricht die Angelspule aus Hartplastik wie ein Zahnstocher, und auf der Angelleine könnte man das vier gestrichene „C“ spielen. Nach wenigen Sekunden ist das Stahlvorfach durchgebissen, und der Spuk ist zu Ende. Welcher Fisch auch immer jetzt auf die „Entrostung“ unseres erfolgreichen, gefiederten Köders warten muss, für uns wäre er einige Kategorien zu groß gewesen… Die kurz darauf gefangene Makrele würden wir ob ihrer „Ausmaße“ als absolute Untergrenze verwertbarer Fische einschätzen. Wir fahren unsere Schleppangeln weiter in der Hoffnung auf mehr Mittelmaß…

Vier Tage segeln wir meist bei herrlichem Wetter unter Spinnaker und Falcos „Greatest Hits“, die Evis Wirken in der Kombüse untermalen, klingen irgendwie sonderbar in der Weite des Ozeans.
Ab 03° nördlicher Breite ziehen Regenfronten, die entsprechende (falsche) Winddrehungen mit sich bringen, über uns hinweg – eine Wasserhose in Lee von „Sleipnir2“ mit meterhohem Gischtwirbel besteht nur wenige Minuten, und für die Dauer einer ganzen Nacht fahren wir durch Gewitterzellen: wir haben zweifelsfrei die Konvergenzzone erreicht.

Auf 02° Nord dreht der Wind immer mehr auf Südwest und nimmt an Stärke zu. Ohne weitere Optionen – wir haben scheinbar alle sich bietenden Möglichkeiten erwogen – segeln wir in der Hoffnung auf eine Winddrehung mit Kurs WNW in die Weite es Pazifiks Richtung Hawaii – die Stimmung an Bord ist in der tiefsten Bilge.
Der von uns kontaktierte Wetterguru Herb Hilgenberg hilft uns aus der Betriebsblindheit und rät seitlich zu den Wellen nach Süden zu motoren. Als würde sich eine Türe schließen und eine andere aufgehen, nehmen wir am nächsten Vormittag Südostwind auf und erleben einen der schönsten Segeltage unserer gesamten Reise…

Am folgenden Nachmittag überqueren wir den Äquator und segeln mit unserem Schiff zum ersten Mal auf der südlichen Hemisphäre. Das traditionsreiche – aus der Zeit der Entdeckungsreisen stammende – Zeremoniell der Äquatortaufe fällt auf Grund des Seegangs und der Wetterbedingungen aus. Wir feiern „modern“ mit der letzten Flasche Prosecco…
Während wir Tags darauf Puerto Ayoro, auf der Isla Santa Cruz, durch beeindruckende Kreuzseen ansteuern, fällt der Steuerbordmotor aus, wodurch die Anfahrt ein wenig interessanter wird…Wir fädeln uns schließlich mit Bug- und Heckanker ins dichte Ankerfeld ein und liegen ca. 100 Meter hinter unseren alten Bekannten Amelia und James von der „Rahula“.

Wolfgang war bereits vor 19 Jahren auf den Inseln und kann es kaum erwarten, Evi die einzigartige Pflanzen- und Tierwelt des Archipels zu zeigen – zunächst müssen wir aber einklarieren und einen Yamaha – Mechaniker organisieren…