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Neuseeland: 1.Teil

Der Wind legt sich nach zwei Tagen, aber Regen bleibt unser ständiger Begleiter während unseres gesamten Opua-Aufenthalts; trotzdem fühlen wir uns in Neuseeland vom ersten Tag an sehr wohl. Jeden Abend ist entweder der Cruising Club oder das Blue Water Café Schauplatz wein- und bierseliger Willkommensfeiern für die Neuankömmlinge. Das Beach House im nahen Touristenort Paihia bietet jeden Sonntag sehr stimmungsvolle Live Musik und ausgesprochen entspannte Atmosphäre – auch Akteure aus dem Publikum sind jederzeit willkommen die Band zu unterstützen, und die Darbietungen werden ungeachtet des musikalisch-künstlerischen Wertes begeistert akklamiert.

Anzahl, Dauer und Intensität der gesellschaftlichen Events überfordert ein bisschen unsere „Kondition“ und Toleranz, aber ab Anfang Dezember verteilt sich die Seglergemeinschaft ohnehin auf verschiedene Marinas entlang der Nordinsel, und bis dahin ist das Motto: Kopfüber ins Vergnügen.
Nur wenige Segler verbringen die gesamte Saison in der Opua Marina, noch weniger segeln weiter nach Tauranga, einige fahren nach Auckland, die meisten aber beziehen, so wie die „Sleipnir2“- Crew, ihre Liegeplätze in Whangarei.

Während Wolfgang den leckgeschlagenen Wassertank austauscht und in diesem Zusammenhang die tiefsten Bilgen von etwa zehn Litern Wasser befreit, beabsichtigt Evi einige Kleinigkeiten im nahen Supermarkt zu besorgen – dem ersten seit Papeete/Tahiti, der dieser Bezeichnung auch gerecht wird. Bei diesem Einkauf vom „Notwendigsten“ bremst Wolfgang seine Bordfrau (die mit verklärtem Lächeln durch übervolle Regale lustwandelt) unter vollem Risiko um die Harmonie auf „Sleipnir2“ – andernfalls hätte sie mit nur einem Trolly wohl kaum ihr Auslangen gefunden…

Mit Chris und Lyn von der „Zephyranthes“ unternehmen wir in ihrem neuerstandenen Toyotabus den seit langem geplanten Ausflug nach Wellington, der in einem Sheryl Crow Konzert gipfeln soll. Die erste Übernachtung während dieses 1000 km Trips, der uns an Wasserfällen, Weingütern, vor allem aber an Schafherden entlangführt, ist am malerischen Tauposee geplant – im Hintergrund, bei klarer Luft gut sichtbar, schneebedeckte Berge. Wir baden in 40° Celsius heißen Quellen eines erloschenen Vulkans und fühlen uns wie Lobster…

In Wellington angekommen, geben uns Chris und Lyn eine Führung durch das neu gestaltete Hafenbecken inklusive jenes Piers, an dem üblicherweise die Rennyachten des Volvo Ocean Races (ehemals Whitbread Round the World Race) festmachen. Nördlich von Wellington sind wir dann gemeinsam mit neun Neuseeländern in ein traumhaftes Haus eingemietet, von wo wir mit einem Shuttlebus zum Konzert abgeholt werden. Einige der Gäste sind eingewanderte Schotten, deren Sprache angeblich englische Wurzeln aufweist – während sich Evi sehr wohl fühlt, erhebt Wolfgang ernsthafte Zweifel, ob die Grunzlaute in irgendeinem Zusammenhang mit Englisch stehen…

Im Zuge des Konzertes versuchen einige der Kiwis Trinkfestigkeit unter Beweis zu stellen – die Übung misslingt leider kläglich. Vielerorts entledigen sich mehr Frauen als Männer in Bankstellung mit gekrümten Rücken ihres Mageninhalts, mehr Männer als Frauen müssen auf der Suche nach dem richtigen Shuttelbus gestützt werden – angeblich endet nicht jede Suche erfolgreich…
Evi und Wolfgangs Heimfahrt wird durch ein halbnacktes Hinterteil „bereichert“, das vor Wolfgangs Gesicht bedrohlich um Gleichgewicht bemüht ist, während die halbvolle Weinflasche der Besitzerin wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen schwingt.
Wir beenden den Ausflug unbeschadet und belohnen uns mit Sekt im Whirlpool unter sternenklarem Himmel.

Nach sechs Tagen fliegen wir über Auckland in zwei Etappen zurück, und in der ruhigen Opua Marina angekommen, fühlen wir uns wie zu Hause: es ist wieder einmal „beer o´clock“, und so treffen wir alte Freunde. Um alle Segler willkommen zu heißen, findet im Cruising Club eine Veranstaltung statt, in deren Rahmen Schüler Maori-Tänze darbieten. Schon früher haben wir registriert, dass die Tänze der neuseeländischen Polynesier kriegerischen, teilweise aggressiven, Charakter haben, und die jungen Darsteller tun diesbezüglich ihr Bestes.

Wir warten einen weiteren Tag mit Sturm und Regen ab, kehren dann aber Opua den Rücken und brechen bei trockenem Wetter mit Kurs Whangarei auf. Am Cape Brett bei der Ausfahrt von der Bay of Islands springt uns leider ein stattlicher Yellowfin Tuna vom Haken. Spätabends wählen wir die vielgerühmte Bucht von Tutukaka als Zwischenstopp: am Ankerplatz treffen wir völlig überraschend Isabel und Tim von der „Camissa“, und somit wird es wieder einmal eine lange Nacht…

Tags darauf fahren wir durch einen ungewöhnlich dichten Vogelschwarm, aber die Leine der Schleppangel strafft sich nicht, und wir können unseren Verlust vom Vortag nicht gutmachen.
Für die lange Anfahrt durch den Hafen von Whangarei und den nördlich anschließenden Flußlauf zur Stadtmarina Town Basin müssen die Tiden sorgfälltig berechnet werden – der Revierführer warnt lakonisch, dass es auf dieser Strecke unwahrscheinlich ist nicht steckenzubleiben.
Wir nehmen auf die Schadenfreude anderer keine Rücksicht und lösen unser Gezeitenbeispiel mit Bezugsort Marsden Point. Am reservierten Liegeplatz warten bereits unsere schwäbischen Freunde Doris und Kurt von der „Kurtisane“, um die Leinen zu übernehmen. Leider ist die Wiedersehensfreude nur von kurzer Dauer, die beiden wollen eine Stunde später mit der auslaufenden Tide nach Auckland aufbrechen, aber eine überglückliche, knallrot sonnenverbrannte, Evi bekommt ihr erstes Weihnachtsgeschenk…

Unser Stellplatz in der Town Basin Marina in Whangarei, geschützt durch Mangroven, fünf Minuten Fußweg vom Stadtzentrum, könnte nicht besser sein – als lägen wir an der Alten Donau in Wien – allerdings mit zwei Meter Gezeitenunterschied.

Ohne es wirklich zu wollen, ziehen wir Bilanz: nach knapp 15.000 Seemeilen, 111 Nachtfahrten und mehr als 100 Anker-, Marina-, Bojen- oder Hafenplätzen haben wir unser erklärtes Ziel erreicht. Es steht allerdings schon jetzt fest, dass wir ab Ende April/Anfang Mai die melanesischen Inselstaaten Fiji, Neukaledonien, Vanuatu, die Salomonen und schließlich Papua Neuguinea erkunden werden. Zunächst aber freuen wir uns auf lieben Besuch aus Wien. Ernst und Dagmar sind Gott sei Dank sehr „flugerprobt“…